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SOURCING THE SOURCES – zurück zum Ursprung der Quelle

von Luzia Ehrbar

Unter dem Namen «@realDonaldTrump» twittert Trump täglich: News, alternative Fakten, Fakenews. Wahrheit ist wandelbar geworden. Wie real ist «@realDonaldTrump»? Stammen die Posts wirklich vom echten Präsidenten der USA?

Die Süddeutsche Zeitung[1] berichtete am 28. Mai 2018 über Trumps Twitterwesen: Dass die Tweets nicht nur von Trump selbst geschrieben würden, sondern auch von Mitarbeitern im Weissen Haus. Dass der Journalist Andrew McGil vom Magazin «The Atlantic» ein Programm geschrieben habe, mit dem er die Echtheit der Tweets vom Konto @realDonaldTrump überprüfen könne. Dass Mitarbeiter Trumps seine Sprache inklusive «sinnloser Grossbuchstaben» und «fragwürdiger Grammatik» fast perfekt imitieren könnten.

Es wird immer schwieriger Fake und Fakten auseinanderzuhalten und verlässliche Quellen zu finden. Am Digitaltag 2018 zeigte die SRF-Wissenssendung Einstein[2] bildreich und eindrucksvoll, wie einfach nicht nur Wortmeldungen manipuliert werden können, sondern auch Videobotschaften. Personen und Persönlichkeiten werden buchstäblich zur Marionette. Eine frei verfügbare Software lernt innert weniger Stunden die Gesichtsausdrücke einer Person kennen und ordnet sie denen einer anderen Person zu. Es entsteht eine digitale Maske, die auf eine Aufzeichnung einer beliebigen Person übertragen werden kann. Deep Fake nennt sich dieses Phänomen, mit dessen Hilfe z. B. Jordan Peer dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama seine Gedanken und Gesten aufzwingen kann – und das in Echtzeit[3]. Einzig die Stimme kann bisher noch nicht vollständig synthetisch nachgeahmt werden. Sie bleibt das Markenzeichen einer Person.

Wem soll man noch trauen, wenn es täuschend echt scheint? Werfen wir einen Blick in die Wissenschaft, die bekanntlich Wissen durch Zahlen und Fakten schafft. Sie prüft genau, definiert Begriffe, sucht Belege, rechnet – und stellt fest, dass es nicht Schwarz-Weiss gibt, sondern mehr als 50 Shades of Grey. Die Welt ist doch nicht so einfach, wie uns gewisse Menschen weismachen wollen. WissenschaftlerInnen von der TU Dortmund sind zum Ursprung der Quellen in klassischen Zeitungen gegangen. Unter dem Titel «Sourcing the Sources»[4] haben sie untersucht, inwieweit Journalisten Facebook und Twitter als Quelle von Informationen und Zitaten ausweisen. Die New York Times tut es, The Guardian tut es und auch die Süddeutsche Zeitung tut es. Von 2004-2016 lassen sich tausende Belege für Twitter- und Facebook-Quellen finden. In allen drei untersuchten Ländern hat sich Twitter unter Journalisten als eine Quelle für Statements von Eliten wie Politiker und Celebrities etabliert. Facebook-Quellen hingegen verweisen auf Aussagen von Eliten genauso wie auf die «Stimme des Volkes».

Nach einer Periode der Stagnation Anfang des Jahrzehnts, stieg die Nutzung von Facebook als journalistische Quelle wieder an, wie die Wissenschaftler herausfanden. Zur gleichen Zeit änderte Facebook seinen Algorithmus und berücksichtigte Hashtags. So erleichterte Facebook Journalisten den Zugang zu nachrichtenrelevanten Informationen. Service oder Manipulation?

Neben strategischen Neuerungen in den sozialen Medien spielen möglicherweise auch die Veränderungen der klassischen Medien eine Rolle. Digital Natives bewegen sich sicher in sozialen Netzwerken. Die Mittel in etablierten Medienhäusern werden immer knapper. Deshalb suchen Medienschaffende einen Zugang zu Quellen, der Zeit und Kosten spart. Umgekehrt sind die klassischen Medien vermehrt auf Social Media angewiesen, um mehr Traffic auf ihren eigenen Newsportalen zu generieren. Die Studie zeigt: Es entstehen vielfältige Interdependenzen, deren Mechanismen und Ursachen das Forscherteam der TU Dortmund nur ansatzweise klären konnte. Fast jede wissenschaftliche Untersuchung kommt zum Schluss, dass weitere Forschungen nötig sind, um die Aussagen zu vertiefen.

Interessant ist allerdings die Erkenntnis, dass auch politische Kultur Einfluss auf die Nutzung von Social-Medial- Quellen haben kann. Im Gegensatz zu Deutschland ist die politische Kommunikation im anglo-amerikanischen Raum stark von einzelnen Personen geprägt. Diese äussern sich vermehrt auf Twitter, während politische Parteien eher Facebook-Seiten für die Kommunikation nutzen.

US-Präsident Trump twittert und ist damit einer der «Celebrities» in den Sozialen Medien, die in Zeitungen vielfach zitiert werden. Doch auch wenn es «real Donald Trump» ist, der die Nachricht verfasste. Auch wenn die Medien direkt den Tweet zitieren: Die Aussage muss nicht zwingend der Wahrheit verpflichtet sein.

[1] sueddeutsche.de

[2] srf.ch

[3] theverge.com

[4] Geret von Nordeheim, Karin Bosczek, Lars Koppers (2018): Sourcing the Sources, Digital Journalism, 6:7, 807-828 doi.org

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