Wir sind alle kreativ – doch schöpfen wir unser kreatives Potenzial im Team im hektischen Arbeitsalltag voll aus? Mit der Creability-Methode lassen sich gemeinsam und unter Zeitdruck innovative Lösungen entwickeln. Ich konnte diesen Ansatz der kreativen Ideenentwicklung im Team in einem Workshop des Young LSA neu vertiefen.
«Wieso soll mir ausgerechnet ein BWLer erzählen, wie Kreativität geht?», fragt mich meine Sitznachbarin, eine erfolgreiche Grafikerin. Sie blickt argwöhnisch auf unseren Referenten, Dr. Roland Pfister, Unternehmer und Managementcoach. Er möchte uns «kreativen Köpfen» an diesem Nachmittag aufzeigen, was effektive Methoden der Ideenentwicklung sind. Peter Petermann, Head of Strategy bei Wunderman Thomspon Schweiz, bringt’s dann bei der Begrüssung gleich auf den Punkt: «Innovation macht Ideen zu Geld». Oder in anderen Worten: Marken, die als inspirierend empfunden werden, sind nachweislich profitabler. Dafür braucht es Ideen. Wer Ideen hat, wächst. Erfolgreiche Unternehmen und Marken schöpfen ihr kreatives Potenzial optimal aus. Allerdings schlägt nicht jede Innovation voll ein. Das beweisen unzählige Beispiele.
Über Umleitungen zum Ziel
Innovationen müssen nicht immer revolutionäre Erfindungen sein. In Innovationsprozessen kann auch Bestehendes verbessert, weiterentwickelt oder neu kombiniert werden. Viel zu oft werden Ideen gesponnen, ohne dabei die zentrale Frage vor Augen zu haben: Was wollen wir beziehungsweise unsere Zielgruppen eigentlich? Petermanns Tipp: Um die Antwort zu finden, müssen wir um die Ecke denken und unser Gehirn umleiten. Genau da setzt «Creability» an.
Probleme beim klassischen Brainstorming
Die Creability-Methode hebt sich von der wohl bekanntesten und am häufigsten eingesetzten Ideenfindungstechnik, dem Brainstorming, deutlich ab. Gemeinsam brainstormen ist einfach und vermittelt ein Kreativitätsgefühl. Doch Dr. Roland Pfister, der an der Universität St. Gallen über visuelle Kommunikation forscht, beleuchtet zum Einstieg die vielen Stolpersteine der vor rund 80 (!) Jahren entwickelten Brainstorming-Technik:
- Auferlegte Selbstzensur, da keine Kommentare, Kritik, Korrekturen erlaubt sind
- Fehlende Kritik führt zu keiner Ideenverbesserung
- Anchoring: die erste Idee beeinflusst vorschnell alle weiteren
- Gegenseitige Blockierung: gleichzeitig zuzuhören und Ideen zu entwickeln ist nicht möglich
- Keine neuen Impulse
- Einzelne, sprich Extrovertierte, dominieren den Denkprozess
Tools fürs kreative Problemlösen
Als Co-Autor des Buches «Creability: Gemeinsam Kreativ» liefert uns Pfister praktikable Alternativen, die aus jeder Gruppe ein Kreativteam machen. Ob im Duo in der «Iterationsspirale» schrittweise eine bessere Idee ausarbeiten, zu sechst in 30 Minuten 108 Ideen generieren («635-Methode») oder nach der SCAMPER-Technik aus Bestehendem originelle, neue Ideen entwickeln: Im Buch werden 30 Methoden vorgestellt. Diese führen entlang der fünf Prinzipien «Verstehen», «Verflüssigen», «Verändern», «Verbinden» und «Veredeln». Die Autorschaft nennt es «Das Diamantenmodell». Die Analogie macht Sinn: Wie Diamanten können auch Ideen unter Druck entstehen. Doch bis sie wirklich brillant sind, müssen sie lange gefeilt und poliert werden. Das setzt Ausdauer voraus. Ein gutes (räumliches) Umfeld hilft. Und was ich ebenfalls erfahren durfte: Auf Knopfdruck ist niemand kreativ. Eine Aufwärmübung aktiviert und lockert das Gehirn. Schliesslich habe ich aus dem Workshop auch das mitgenommen: Kreativität will trainiert werden.
Buchtipp: CREABILITY – GEMEINSAM KREATIV; Innovative Methoden für die Ideenentwicklung in Teams; von Martin J. Eppler, Friederike Hoffmann und Roland Pfister: http://www.creability.ch
Foto: Dominik Furrer